Inhaltsverzeichnis
- Verlassenschaftsverfahren: Ablauf in Österreich?
- Verlassenschaftsverfahren Schritt für Schritt
- Wichtige Dokumente für Verlassenschaftsverfahren
- Erbe antreten oder ausschlagen?
- Mögliche Gründe ein Erbe auszuschlagen
- Abgekürztes Verlassenschaftsverfahren
- Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens
- Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt im Todesfall?
- Im Gespräch mit einem Notar
- Wie läuft ein Verlassenschaftsverfahren ab?
- Wie wird bestimmt, wer erbberechtigt ist?
- Wie verfasse ich ein Testament?
- Erbe in Österreich: Was gehört zum Nachlass?
- Kann man Schulden erben in Österreich?
- Verlassenschaft zu Lebzeiten regeln: Testament & Erbvertrag

verfasst von
- Jasmin Kreuzer
– Lesezeit:
Minuten
Nach dem Tod eines geliebten Menschen wird natürlich auch das Erbe zum Thema. Ein Verlassenschaftsverfahren wird notwendig. Doch wie wird eine Verlassenschaft abgewickelt? Was umfasst ein Erbe? Und welche Fakten muss man beim Erben berücksichtigen? In diesem Ratgeber finden Sie Antworten auf diese Fragen. Zudem haben wir mit einem Notar gesprochen, der Ihnen wertvolle Einblicke und praktische Tipps zu Verlassenschaftsverfahren gibt.
Verlassenschaftsverfahren: Ablauf in Österreich?
Nach der Übermittlung der Sterbeurkunde am Standesamt wird das Verlassenschaftsverfahren automatisch vom Bezirksgericht bzw. Verlassenschaftsgericht veranlasst. Ein gerichtlich bestellter Notar bzw. Nachlassverwalter wickelt das Verfahren ab und hilft bei der Klärung aller rechtlichen Fragen zum Erbe in Österreich. Hier finden Sie einen Überblick aller Notarinnen und Notare in Österreich, die aktuell für Verlassenschaftsverfahren zuständig sind.
Der Nachlassverwalter erhebt zunächst alle persönlichen und vermögensrechtlichen Daten der verstorbenen Person, macht erbberechtigte Personen ausfindig und erkundet, ob ein Testament oder Erbvertrag existiert.
Verlassenschaftsverfahren Schritt für Schritt
- Übermittlung der Sterbeurkunde am Standesamt
- Ernennung eines Nachlassverwalters
- Ermittlung erbberechtigter Personen, Testament bzw. Erbvertrag
- Erstgespräch mit Hinterbliebenen
- Klärung aller Erbschaftsansprüche
- Entscheidung, ob das Erbe angetreten wird
- Ausstellung des Einantwortungsbeschlusses
- Freies Verfügen der Erben über die Verlassenschaft
Wichtige Dokumente für Verlassenschaftsverfahren
Für das Erstgespräch mit dem Nachlassverwalter sind in Österreich folgende Dokumente mitzubringen:
- Auflistung aller nahen Angehörigen
- Testament
- Ehevertrag
- Erb- und Pflichtteilsverzicht
- Kostenaufstellung der Bestattungskosten im Zusammenhang mit dem Todesfall
- Information zu Einkommen oder Pension
- Kontoauszüge, Bankunterlagen, Sparbücher
- Schulden-Informationen
- Sterbeversicherungen
- Dokumente über Liegenschaften und Fahrzeuge
- bei Faustfeuerwaffen: Waffenpapiere und Waffennummer
Erbe antreten oder ausschlagen?
Nach dem Erstgespräch mit dem Nachlassverwalter erfolgt die Klärung, ob die Erbberechtigten das Erbe antreten oder die Erbschaft ausschlagen möchten. Denn die Erben sind nicht dazu verpflichtet eine Erbschaft zu übernehmen. Es besteht also die Möglichkeit, ein Erbe auszuschlagen.
Mögliche Gründe ein Erbe auszuschlagen
In vielen Fällen wird ein Erbe ausgeschlagen, wenn dadurch ein finanzieller Nachteil für die Erben entsteht. Denn ein Nachlass enthält nicht nur so genannte Aktiva, wie Liegenschaften und Vermögenswerte, sondern auch Passiva wie Schulden.
Abgekürztes Verlassenschaftsverfahren
Das Verlassenschaftsverfahren kann auch abgekürzt werden, wenn es keinen Antrag auf Fortsetzung gibt, wenn kein Vermögen vorhanden, dieses unter € 5.000,- liegt oder der Nachlass überschuldet ist.
Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens
Zum Abschluss eines Verlassenschaftsverfahrens verfasst der Notar ein Protokoll über die Entscheidung der Erben das Erbe anzutreten oder auszuschlagen und stellt eine Vermögenserklärung aus. Es kommt zum Einantwortungsbeschluss. Damit können die Erben den Nachlass rechtlich übernehmen und somit frei über die Erbschaft verfügen.
Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt im Todesfall?
Das Erbrecht in Österreich regelt die Rechtsnachfolge bezüglich des Vermögens des Verstorbenen. Die gesetzliche Erbfolge ist verbindlich, wenn der Verstorbene kein Testament oder Erbvertrag verfasst hat. Dabei wird das Erbe nach sogenannten Erblinien aufgeteilt. Das Gesetz sieht einen Pflichtteil vor, den nahestehende Personen erhalten müssen – auch wenn sie im Testament nicht bedacht wurden.
Die erste Erblinie oder Parentel beinhaltet Ehepartner, eingetragene Partner und Kinder des Verstorbenen. Wenn es in der ersten Erblinie niemandem gibt, erbt die zweite Linie, die Eltern, Geschwistern und deren Nachkommen enthält. Einen Mindestanteil am Erbe geht somit laut gesetzlicher Erbfolge an die Verwandtschaft.
Im Gespräch mit einem
Notar
Der Verlust eines nahestehenden Menschen wirft oft viele rechtliche Fragen auf. Wie läuft ein Verlassenschaftsverfahren ab? Wer ist erbberechtigt? Und worauf muss man bei einem Testament achten? Um Antworten auf diese Fragen zu geben, haben wir mit Notar Mag. Mark Holoubek gesprochen.
Kontaktdaten:
Telefon: +43 1 812 41 93-0
E-Mail: kanzlei@notar1120.at
Web: www.notariat-meidling1.at
Adresse: Tivoligasse 34-36, 1120 Wien
Notar Mag. Mark Holoubek
Wie läuft ein Verlassenschaftsverfahren ab?
Mag. Holoubek: Nach dem Ableben einer Person in Österreich folgt grundsätzlich ein gerichtliches Verlassenschaftsverfahren. Dieses Verlassenschaftsverfahren wird vom zuständigen Bezirksgericht nach Vorliegen eines Nachweises über das Ableben (idR Sterbeurkunde) von Amtswegen, sohin ohne Stellung eines Antrages, eingeleitet. Nach einer vorbestimmten Verteilungsordnung ist ein örtlicher öffentlicher Notar als sogenannter Gerichtskommissär für die Durchführung dieses Verlassenschaftsverfahrens zuständig. Er ist erste Anlaufstelle für die Hinterbliebenen. Wer bereits einen Notar seines Vertrauens hat, kann diesen mit der Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung auf schriftlichem Weg beauftragen.
Aufgabe des Gerichtskommissärs ist es, jene Personen zu erheben, denen erbrechtliche Ansprüche zustehen (zB Erben und Vermächtnisnehmer). Zugleich hat der Gerichtskommissär Nachforschungen zum vorhandenen Nachlassvermögen anzustellen. Die Parteien des Verlassenschaftsverfahrens werden daher von diesem Gerichtskommissär durch das Verfahren begleitet und erhalten von diesem alle benötigten rechtlichen Informationen. Nachdem alle erforderlichen Erklärungen abgegeben wurden, erlässt das Gericht einen verfahrensbeendenden Beschluss. Im Rahmen des regulären Verlassenschaftsverfahrens wird dieser Beschluss „Einantwortungsbeschluss“ genannt und dokumentiert die Erben nach der verstorbenen Person.
Ziel eines Verlassenschaftsverfahrens ist es letztendlich sicherzustellen, dass die berechtigten Personen über Ihnen zustehende Werte sowie die für Ihre Entscheidungen im Verfahren bedeutsamen rechtlichen Hintergründe informiert werden und in geordnetem Weg zu jenen Urkunden gelangen, welche ihre Rechte dokumentieren.
Wie wird bestimmt, wer erbberechtigt ist?
Mag. Holoubek: Wer tatsächlich zur Erbschaft berufen ist, ergibt sich grundsätzlich aufgrund eines vorliegenden Testamentes oder (in seltenen Fällen) Erbvertrages. Hat eine verstorbene Person zu Lebzeiten ihren letzten Willen nicht erklärt, tritt die gesetzliche Erbfolge ein.
Wie verfasse ich ein Testament?
Mag. Holoubek: Bei der Testamentserrichtung ist zu beachten, dass strenge Formvorschriften gelten. Die Missachtung auch nur eines Details hat regelmäßig die gänzliche Ungültigkeit und Unbeachtlichkeit der letztwilligen Anordnung zur Folge. Besondere Vorsicht gilt hier bei den sogenannten „fremdhändigen Testamenten“, also solchen, die die verstorbene Person nicht eigenhändig handschriftlich verfasst hat.
Bei Errichtung eines eigenhändigen handschriftlichen Testamentes ist zu beachten, dass dieses – um formgültig zu sein – zur Gänze durch den Testator eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein muss. Darüber hinaus ist es ratsam, das Datum der Errichtung beizusetzen. Die formgerechte Errichtung einer letztwilligen Anordnung alleine ist für die Durchsetzung des letzten Willens nicht ausreichend. Um ein zügiges und friktionsfreies Verlassenschaftsverfahren zu gewährleisten, sind die entsprechenden Anordnungen im Testament klar, unmissverständlich und im Einklang mit den – regelmäßig detailverliebten – Regelungen des Erbrechtes zu wählen. Es empfiehlt sich daher, einen Notar als Rechtsexperten im Erbrecht beizuziehen und diesen mit der Errichtung des Testamentes zu beauftragen. Jedenfalls sollte ein selbst verfasstes Testament einem Notar zur Überprüfung vorgelegt werden. Eignet es sich zur Erreichung des letzten Willens, so kann diesfalls auch eine Registrierung im Österreichischen Zentralen Testamentsregister vorgenommen werden.
Der Notar in Ihrer Nähe steht Ihnen für eine kostenlose erste Rechtsauskunft gerne zur Verfügung.
Erbe in Österreich: Was gehört zum Nachlass?
Als Verlassenschaft oder Erbmasse werden alle Vermögen, Rechte und Verbindlichkeiten bezeichnet, die nach dem Todesfall auf die Erben übergehen. Zur Verlassenschaft zählen Immobilien, Sparbücher, Güter und Vermögenswerte ebenso wie folgende Rechte:
- Privatrechtliche Vermögensrechte (Urheberrechte, Patentrechte usw.)
- Ansprüche aus Versicherungen (Unfallversicherung usw.)
- Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche
- Pensionsansprüche (Witwenpension, Waisenpension)
- Pflichtteilansprüche und Ansprüche von Vermächtnisnehmern
Beim Miet- und Pachtrecht gibt es in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen eine Sonderrechtsnachfolge. D.h. dass bestimmte nahe Angehörige, die mit der/dem Verstorbenen in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben, ein Eintrittsrecht haben.
Kann man Schulden erben in Österreich?
Auch Schulden des Verstorbenen sind vererblich und gehen auf die Erben über, wenn das Erbe angetreten wird. Dazu zählen z.B. Steuerschulden, Mietziensrückstände, Leasingraten sowie fällige Versicherungsprämien. Wenn man sich durch eine Erbschaft finanziell belastet, kann es sinnvoll sein das Erbe auszuschlagen. Denn auch Immobilien können mit laufenden Krediten oder Hypotheken belastet sein, die mit einer Erbschaft ebenso auf den Erben übergehen.
Verlassenschaft zu Lebzeiten regeln: Testament & Erbvertrag
Die eigene Verlassenschaft kann man auch zu Lebzeiten regeln.
Testament
In einem Testament kann eine individuelle Erbfolge innerhalb des Erbrechts in Österreich festgelegt werden. Dabei kann festgelegt werden, ob ein Erbe aus der Erfolge ausgeschlossen wird oder vorrangig erben soll. Ein Testament kann eigenständig verfasst werden oder mithilfe eines Anwalts oder Notars formuliert werden. In jedem Fall sollte das Testament eindeutig verfasst werden und an einem für Angehörige zugänglichen Ort verwahrt werden.
Erbvertrag
Auch im Erbvertrag können Erbregelungen festgeschrieben werden. Dabei handelt es sich um einen Vertrag zwischen zwei Parteien, wobei sich Ehepartner oder eingetragenen Partner gegenseitig ihr Vermögen vermachen können. Denn ein Erbvertrag ist nur zwischen verheirateten Leuten, eingetragenen Partnern und Verlobten möglich.